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Ich suche einen alten Röhrenverstärker. Was muß ich dabei beachten? |
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Hinweise, wenn man einen alten Röhren-Gitarrenverstärker erwerben möchte. |
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Achtung: Röhrenverstärker (Tube Amplifiers) arbeiten im Gegensatz zu Transistorverstärkern (Solid State Amplifiers) mit sehr hohen Spannungen, die zumeist zwischen 350V und 800V Gleichspannung liegen. Die grosse Verkaufsplattform im Internet mit dem “E” ist voll von Angeboten dieser Art. Nur, was ist zu beachten, wenn man das Risiko eines solchen (in der Regel) Blindkaufs möglichst gering halten möchte? 1. Bemerkungen wie “ich konnte nicht testen, da kein Kabel vorhanden” oder “ich habe keine Ahnung von diesem Gerät deshalb ....” sollten grundsätzlich die Warnlampen aktivieren. Dahinter steht oft (aber auch nicht immer) die Absicht, seinen Schrott auf schnelle und ertragreiche Weise zu entsorgen. 2. Aussagen wie “den haben schon die Beatles gespielt” oder “purer SRV-Sound” sollen nur den Preis nach oben treiben. Die Bealtes haben viele Amps gespielt und früher besonders die, die gerade da herumstanden. Der “pure SRV- oder Clapton Sound” kommt auch kaum aus der Anlage als viel mehr aus den Fingern des Spielers! Fleissig üben ist zwar anstrengend, aber kostet nix. 3. Bestätigt der Verkäufer die generelle Funktion, ist das schon einmal ein grosser Vorteil. Sogar wenn’s heisst “der Verstärker brummt oder rauscht nur” ist das meist positiv zu werten, weiss man so doch, das wesentliche Bauteile, wie zum Beispiel die Transformatoren, höchstwahrscheinlich in Ordnung sind. Das heisst aber nicht, dass nicht etliche Arbeiten notwendig sind, um den Verstärker wieder betriebssicher zu machen. 4. “Vom Fachmann restauriert” ist wenig aufschlussreich, wenn man einmal erfahren hat, wie so ein “Fachmann” arbeiten kann. Sogar bei manchem namhaften Modder (Modifizierer von Verstärkern) stehen dem Ingenieur machmal die Haare zu Berge. Diese alten Geräte führen im Inneren sehr hohe, tödliche Spannungen, die bei unsachgemässer Reparatur oder Veränderung schnell über das Gehäuse zum Benutzer gelangen können. Dies gilt sogar noch für eine ganze Weile nach dem Abschalten. Hier sollte man zumindest genau nachfragen. Bei vielen alten Verstärkern müssen Umbauten gemacht werden, um die elektrische Sicherheit den heutigen Anforderungen anzupassen. Hierzu gibt es eindeutige Regeln. Lebenswichtig ist die korrekte Erdung des Gerätes nach heutigem Standard! 5. Generell: Bei nahezu allen alten Verstärkern sind unabhängig von der Betriebsbelastung Bauteile gealtert und haben ihren Nennwert oder ihre Spannungsfestigkeit verloren. Sofortige oder verzögerte Schäden am Gerät beim Wiedereinschalten nach vielen Jahren der Ruhe sind dann oft die Folge. Bevor man einen solchen Verstärker wieder in regulären Betrieb nimmt, sind diese Bauteile unbedingt auszutauschen und die elektrische Sicherheit des Gerätes herzustellen. Das kann bei manchen Geräten eine Stange Geld kosten, die man im Geiste vorab auf die Kaufsumme aufrechnen sollte. Ein Blindkaufpreis für einen alten Bassking z.B. von 180,00 EUR kann dann schnell auf echte 300,00 EUR anwachsen. Tipp: Eine einfache Installation mit einer 230V/100W Glühbirne kann solche Schäden vermeiden helfen (zu finden unter den DIY-Tricks). 6. Ein innen total zugestaubter Verstärker (zu sehen zum Beispiel unter Restaurierung) muss übrigens nicht schlecht sein. Oft verbirgt sich gerade unter einer solchen “Pelle” ein sehr gut erhaltenes Teil. 7. Kratzen die Regler, hilft oft ein spezielles Spray (z.B. DeoxIT), diese nachhaltig zu reinigen. Nur kein Kontakt 60 verwenden! Hört man dagegen beim Drehen ein durchgängiges Schleifen, sind defekte Bauteile im Innern des Verstärkers die Ursache. 8. Die wichtige Röhrenfrage! Mit welchen Röhren ist der Verstärker ausgestattet? Diese Frage kann über einen großen Teil der Instandsetzungs- und Betriebskosten entscheiden. Die meisten Röhren sind heute noch zu verträglichen Preisen zu bekommen. Einige jedoch, die nur für kurze Zeit produziert wurden, sind heute kaum mehr verfügbar oder nur zu unverschämt hohen Preisen zu beziehen. So gab es zum Beispiel den Echolette Mischverstärker M120 mit zwei EL34 als Endröhren, aber auch in der Version mit zwei EL503 in der Endstufe. Die EL503 (eine tolle Röhre!) wurde zum Ende des Röhrenzeitalters gebaut und nur ca. ein Jahr lang produziert. Heute ist sie deshalb äusserst rar und - wenn überhaupt - nur zu sehr hohen Preisen zu bekommen. Das mach so ein Amp-Projekt schnell zu einem Fass ohne Boden. Ein Umbau von EL503 auf EL34 ist kaum sinnvoll möglich, da auch der Ausgangstrafo ausgetauscht werden müsste. Die EL34 ist dagegen absolut gängig und im Paar schon für ca. 24,00 EUR zu haben. Beispiele |
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(c) Dipl.-Ing. Bernd Brieskorn 2025 |